An jenem sonnigen Samstagnachmittag, dem 8. März 2025, war es wieder soweit.
Im ersten Garten stand ein Apfelbaum, der nach einer Schönheitskur lechzte. Fachgerecht wurde er in seiner Spindelform zurechtgeschnitten und von seiner zweiten Mitte befreit. Immer wieder musste erwähnt werden, beim Obstbaumschnitt oben anzufangen und nach unten zu arbeiten. Denn es kann immer wieder passieren, dass die oberen Äste beim Herabfallen die unteren Äste beschädigen, und das wäre etwas blöd, wenn man zuerst unten angefangen hätte. Doch der Apfelbaum wurde in den Schatten gestellt von einem wahren Naturwunder: einem Kirschlorbeer (eigentlich ein Neophyt), der sich zu einem beeindruckenden Miniaturwald entwickelt hatte. Seine mächtigen Stämme, mit Durchmessern von bis zu 30 cm, forderten Matthias' ganzes Können heraus.
Unter fachkundiger Anleitung machte sich Matthias daran, diesen grünen Riesen zu zähmen. Mit chirurgischer Präzision entfernte er die übermäßig hoch gewachsenen Stämme. Es war, als würde er eine lebende Skulptur formen, Schnitt für Schnitt. Plötzlich öffnete sich der Raum: Der Jalousieladen der dahinterliegenden Wohnhausfassade liess sich wieder schliessen, und der Blick aus dem Fenster war auch wieder frei – kein grüner Vorhang mehr, sondern ein schöner Anblick eines gut gestalteten Gartens.
Doch der Tag hielt noch mehr Herausforderungen bereit. Ein paar Häuser weiter warteten Spaliere und Reben auf ihre jährliche Pflege. Hier war höchste Konzentration gefragt. Jeder Schnitt war wohlüberlegt, denn wir wussten: Hier formten wir nicht nur Pflanzen, sondern die Ernte des kommenden Jahres. Auch wurden die Äste am Spaliergerüst aufgebunden.
Die Reben erforderten auch ihre Aufmerksamkeit. Eigentlich hatten wir letztes Jahr die Rebe so geschnitten und formiert, dass wir den Grundstein für eine waagerechte Erziehung gelegt hatten. Eine Rebe erfordert auch eine dauernde Pflege durch den Sommer. Wir entschieden uns, nochmals einen Anlauf zu unternehmen, ansonsten müssten wir nächstes Jahr eine andere Lösung finden und auf die Weinberg-Erziehung umstellen. Die Langtriebe wurden bis auf zwei Zapfen gekürzt – ein Versprechen auf saftige Trauben im Herbst.
Zwei Hochstammbäume – ein Apfel und eine Kirsche – krönten unser Tagwerk. Beim Kirschbaum haben wir die Krone in der Höhe eingekürzt und auf flache Äste abgeleitet.
Da der Kunde den Wunsch hegte, keine Äste über dem Parkplatz zu haben, musste Matthias wieder mit der Motorsäge ansetzen. Schade eigentlich, aber abfallende Kirschen geben unschöne Flecken auf den darunter stehenden Autos. Jeder Schnitt war eine Investition in die Zukunft, ein Versprechen auf reiche Ernten und gesunde Bäume für die kommenden Jahre.
Als die Sonne sich langsam neigte, legten wir zufrieden unser Werkzeug beiseite. Der arbeitsreiche Nachmittag fand seinen krönenden Abschluss in einem gemütlichen Zvieri – ein Festmahl für Körper und Seele. Während wir die Leckereien und den feinen Grappa aus Venedig genossen, schweiften unsere Blicke über den frisch geschnittenen Garten. In diesem Moment wurde uns bewusst: Wir hatten nicht nur Pflanzen geformt, sondern die Grundlage für ein blühendes, fruchtbares Gartenjahr gelegt.
So endete dieser Tag voller Schweiss und Freude. Und während wir uns verabschiedeten, wussten wir: In wenigen Monaten würden die Gartenbesitzer die Früchte unserer Arbeit ernten – im wahrsten Sinne des Wortes.